Was ist eigentlich TCM?
„Chinesische Medizin ist 80 Prozent Lebensführung, 10 Prozent Akupunktur, 10 Prozent Kräutermedizin.“
Das meint der Dr. Georg Weidinger, der nicht nur klassischer Medizinier sondern auch TCM-Arzt ist und rund um das Thema TCM zahlreiche Bücher verfasst hat. Er bringt es damit auf den Punkt: Die Art und Weise wie wir unser Leben gestalten hat einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit. Und das nicht nur in China.
Gesundheit ist ganzheitlich
Unter Traditioneller Chinesischer Medizin – kurz TCM genannt – wird ein breites Spektrum an ganzheitlichen medizinischen Praktiken aus dem ostasiatischen Raum und China zusammengefasst. Mehr als 2.000 Jahre hat die TCM in jedem Fall auf ihrem Buckel, so viel ist sicher. Ihre Methodiken sind heute so aktuell wie damals.
Alles ist mit allem verbunden: Die Sichtweise der Traditionellen Chinesischen Medizin ist holistisch. Dies bedeutet, dass sie die Dinge in einen ganzheitlichen Zusammenhang setzt, indem Körper, Geist und Seelenleben als eine Einheit betrachtet werden. Alle Teile unseres Systems sind über Energielinien miteinander verbunden. Die Chinesen nennen diese Energielinien „Meridiane“. In der naturheilkundlichen Medizin Indiens – dem Ayurveda – werden diese Energiebahnen „Nadis“ genannt. Nach westlicher Sicht lassen sich die Meridiane mit den Faszien, Nervenbahnen, dem lymphatischen System und auch den Blutbahnen gleichsetzen, die unseren gesamten Körper durchziehen und vielfältige Aufgaben haben.
Gesundheit ist individuell
Ist eine Person krank, wird der gesamte Mensch – und nicht nur ein betroffener Körperteil – untersucht und behandelt. Damit unterscheiden sich die TCM und andere naturheilkundliche Methodiken von vielen klassischen Praktiken der Medizin. „Krankheit“ bedeutet nach der TCM, dass in unserem System etwas in Unordnung geraten ist. Die Kräfte von Yin und Yang sind nicht in Balance. Es herrscht Disharmonie zwischen den 5 Elementen.
Neben der körperlichen Verfassung zieht die TCM eine Vielzahl weiterer Faktoren bei einer Behandlung in Betracht. Untersucht werden u.a. der emotionale und mentale Zustand eines Patienten, seine Ernährung, der persönliche Lebensstil und das Umfeld. Deshalb gibt es in der TCM auch kein Medikament, welches ein und dieselbe Wirkung für alle hat.
Die passende Behandlung entsteht auf Grundlage der individuellen Konstitution eines jeden Menschen. Gesundheit ist damit so vielfältig wie wir Menschen es sind.
Gesundheit ist Eigenverantwortung
Die TCM umfasst – je nach Betrachtungsweise – vier oder fünf Therapiebereiche, die ineinander greifen und unterschiedlich eingesetzt werden. Diese sind Akupunktur, die Behandlung mit Heilkräutern, Bewegung/Massage und Ernährung.
Für Behandlungstherapien mit Akupunktur und Heilkräutern sind ausgebildete Expert*innen zuständig. Alle anderen Bereiche beziehen sich auf das, was Dr. Weidinger unter „80 Prozent Lebensführung“ versteht. Wir können unsere Gesundheit also proaktiv mitgestalten.
Nehmen wir nun die einzelnen Bereiche der TCM unter die Lupe.
Nadelstiche, die heilend wirken: Akupunktur
Als der Gletschermann „Ötzi“ vor mehr als 5.000 Jahren die Ötztaler Alpen überquerte, konnte er nicht wissen, dass der Fund seiner Leiche im Eis 1991 mehrere wissenschaftliche Sensationen auslösen sollte. Was er möglicherweise aber wusste und kannte, waren komplexe naturmedizinische Methoden.
In Ötzis Haut fanden Wissenschaftler verschiedene Punkt-, Kreuz- und Strichformen als Tätowierungen eingeritzt, die man sich lange nicht erklären konnte. Heute weiß man, dass sich diese u.a. mit klassischen Akupunktur-Punkten decken und sie analog zu jenen Krankheiten sind, unter welchen der Ötzi zu Lebzeiten litt. Ein Ansatzpunkt der heutigen Forschung ist deshalb, dass in der Jungsteinzeit bereits komplexes heilmedizinisches Wissen vorhanden war.
Die Akupunktur ist heute der bekannteste Bereich, den man bei uns aus der TCM kennt. Als ergänzende und alternative Behandlungsmethode werden die entlang der Meridiane gesetzten Nadeln heute vielfach geschätzt und anerkannt.
Was die Alten schon wussten: Heilkräuter
Das Wissen um die Heilkraft verschiedener Kräuter war in alten Kulturen tief verankert. Auch unsere Ahnen wussten, welche Pflanzen sich für welche Wehwehchen einsetzen ließen.
Heute feiern die heilbringenden Wirkungen von Kräutern, Pflanzen und anderen organischen Mitteln eine große Wiederentdeckung. Bei uns ist die Anwendung dieses Bereiches der TCM Ärzten und Ärztinnen vorbehalten, die über eine spezielle TCM-Zusatzausbildung verfügen. Es spricht jedoch nichts dagegen, auch mal einen Kurs über regionale Heilkräuter zu belegen oder bei älteren und weisen Verwandten nachzufragen. 🙂
Neben dem Wissen um TCM-Heilkräuter und Akupunktur gibt es jedoch viele Aspekte, um die wir uns selbst kümmern können und dürfen. Diese sehen wir uns jetzt an.
Achtsamkeit statt Leistungsdruck: Bewegung für Körper & Geist
Um in allen Lagen agil zu bleiben, sollte unser Körper bewegt werden. Dafür sind in der TCM Qi Gong und Tuina zuständig. Ähnlich wie die Körperübungen im Yoga, Pilates, Feldenkrais oder auch Physiotherapie umfasst Qi Gong verschiedene Bewegungen, die mit Achtsamkeit ausgeführt werden. Körperübungen unterscheiden sich von Sport, da sie ohne Wettbewerb und Höchstleistungen praktiziert werden. Stattdessen sind Praktizierende eingeladen zu beobachten, was dem eigenen Körper gut tut und was nicht.
Es muss nicht unbedingt Yoga oder Qi Gong sein – auch eine Runde Laufen in der Natur ohne Leistungsdruck oder eine gemütliche Wanderung tun oft Wunder und machen den Kopf frei. Apropos: Damit auch der Geist in Schwung bleibt, beinhaltet Qi Gong verschiedene Meditations- und Atemübungen. Sie fungieren als „Fitnessstudio“ für unseren Kopf und sorgen für ein mentales Workout.
Tuina setzt dort an, wo wir auf die Grenzen unseres eigenen Bewegungsradius stoßen. Sie ist die Form der klassischen chinesischen Massage. Dabei hilft ein Therapeut, jene Dinge zu mobilisieren, die sich nicht von selbst in Bewegung setzen lassen. Tuina beinhaltet nicht nur Massagetechniken, sondern auch Stretching, Reflexzonenbehandlung, Akupressur und Chiropraktik.
Du bist was du isst: Ernährung
Nahrung ist das Schmieröl unseres Körpers. Sie trägt dazu bei, dass der „Motor läuft“ und wir aus dem Inneren heraus gesund und fit bleiben. Die Qualität unseres „Schmieröls“ spielt dabei eine wichtige Rolle. Auch Ernährung ist so individuell und vielfältig wie wir Menschen.
Essen, das für den einen Menschen wohltuend ist, kann einem anderen buchstäblich schwer im Magen liegen. Für Ernährung nach der TCM finden sich deshalb verschiedene Orientierungshilfen, wobei nur ein einziges Faktum zählt: Es gibt keinen Einheitsbrei, der allen schmeckt und für alle gesund is(s)t.
East meets West: TCM und die westliche Medizin
Bewegung, gesundes Essen oder Meditation: Dass diese und andere Praktiken einen positiven Effekt auf unsere physische und mentale Gesundheit haben, ist heute vielfach belegt. Die TCM zählt zu den sogenannten alternativen Heilmethoden, welche die klassische Medizin in vielen Fällen ausgezeichnet ergänzen.
Seit dem letzten Jahrhundert hat die klassische Medizin unzählige Leben gerettet, da sie verschiedene Krankheiten nicht nur entdeckt und geheilt hat, sondern ihnen auch vorbeugt. Der bemerkenswerte wissenschaftliche Fortschritt hat zahllose Krankheiten – wie z.B. Polio oder Pocken – buchstäblich (fast) aus der Welt geschafft, und das oft mit Hilfe einer einzigen Injektion. Der herausragende Erfolg der klassischen Medizin ist unumstritten. Sie unterstützt uns dabei, die Lebensqualität der Menschheit weiter zu verbessen.
Es gibt jedoch auch Krankheiten, die sich nicht mit einer einzelnen Behandlungsart, Spritze oder Operation heilen lassen. Dazu zählen z.B. Depression, Krebs, Herz- oder Autoimmunkrankheiten. Heute vermutet man, dass diese von einer Kombination aus physischen, genetischen, umwelttechnischen und sozialen Faktoren ausgelöst werden. Dies macht es extrem schwierig, eine generelle Behandlungsmethode zu finden, die auf alle Menschen anwendbar ist. Aufgrund der enormen Komplexität blickt die westliche Wissenschaft deshalb mehr und mehr über den Tellerrand.
Gesundheit liegt (auch) in unserer Hand
Viele therapeutisch-holistische Ansätze – wie die TCM, Ayurveda, Yoga oder Naturheilpraktiken – haben in den letzten Jahren verstärkt an Anerkennung gewonnen und werden heute mit klassischen Behandlungsmethoden kombiniert. Sie helfen uns dabei, wieder mehr Eigenverantwortung für unsere Gesundheit und unser Leben zu übernehmen. Der Schlüssel dazu liegt in vielerlei Hinsicht darin, wie wir unser Leben führen. Um es mit Dr. Weidingers Worten auszudrücken:
„Und Lebensführung bedeutet die Art, wie wir täglich leben, wie wir in der Früh aufstehen, was wir essen, wie wir uns bewegen, wie wir mit unserer Arbeit, mit unseren Mitmenschen umgehen, mit unseren Partnern, mit unseren Kindern, unseren Tieren, woran wir glauben, wovor wir Angst haben, unsere Einstellung zu Krankheit und Tod und wie wir am Abend schlafen gehen. Über all das (…) möchte ich (…) erzählen und Ihnen viele viele Anregungen für ein achtsameres, glücklicheres, gesünderes und vielleicht längeres Leben geben.“
Interessierst du dich für ganzheitliche Unterstützung in einem individuellen Heilungsprozess? Dann informiere dich gerne über meine Gesundheitscoachings.
Much love & metta, Helene